Warum Wiedereinstieg..? War doch gemütlich auf der Couch…

(Wenn jemand sich die 1.200 Wort sparen will, ganz ans Ende scrollen)
Ich bin schon mal früher gelaufen. Vor rund fünf Jahren. Das Maximum und eigentlich auch fast das Ende von dieser Phase war ein Halbmarathon 2012. Untrainiert, sowohl läuferisch, als auch von der übrigen Muskulatur, hat mein Körper dann nicht mehr mitwollen, auch mental war Ende am Gelände, und ich nahm ein ziemlich schmerzhaftes ITBS (IlioTibialBandSyndrom) als Vorwand, komplett aufs Laufen zu pfeifen. Laufen tat weh, Gehen auch, Stiegen waren ein Graus und High Heels konnte ich sowieso vergessen. Aber richtig dagegen gemacht hab ich nichts, nur das Laufen hab ich aufgegeben (unter anderem auch wegen der Uni, weil mir immer beim Laufen negative und belastende Gedanken kamen, anstelle, dass sich das Grübeln besserte).

Es vergingen nahezu zwei Jahre, in denen ich eher den Hometrainer und das Rad genutzt habe, denn Schusters Rappen, aber so richtig glücklich hat mich das nicht gemacht und so wurde auch das Radeln weniger, ich wurde im Kopf und körperlich unbeweglicher, nahm zu, was mich dann noch unglücklicher gemacht hat. Das widerum hat mich dazu gebracht, dass ich, auch als mein ITB nicht mehr wehgetan hat, übervorsichtig war, ja nicht mehr zu laufen, weil „ich will ja nicht, dass es wiederkommt“; sprich, ich hab mir selbst Ausreden aufgetischt. Richtig aktiv gegen das ITBS bin ich aber nie vorgegangen, meine „Läuferkarriere“ hab ich an den Nagel gehängt, mich phlegmatisch damit abgefunden…

Wenn ich in den Medien über Laufveranstaltungen, Lauftipps, etc. hörte, hab ich weggeschalten, weggeklickt, Lautstärke runtergedreht, und wie ein trauriger Blobfisch dreingeschaut, nicht ohne ein bisschen Selbstmitleid.

Letzten Sommer, im Juli, bin ich mit einer Gruppe Freunde auf eine Berghütte gefahren, wo unter anderem vormittags gewandert wurde. Ich war überrascht, wie schlecht meine Kondition war, obwohl ich doch ein bisschen Rad gefahren bin zuvor, um die Gruppe nicht komplett zaufzuhalten. Aber ich konnte nur einen geringen Bruchteil von dem gehen, was die anderen angingen, weil ich so hinnich war und dann richtig Muskelkater hatte (aufs Klo zu setzen war noch nie so schwierig, und das Aufstehen dann erst! Ich hab jedes Mal genauuuuustens überlegt, ob sich der Gang zum Porzellanthron schon lohnt…).
Ein bestimmter Freund, Chris, war auch dabei, der allgemein sportlich doch echt super beinand ist, der für mich immer eine Art sportliches Vorbild war aber den ich auch die zwei Jahre davor eher aus den Augen verloren hatte. Nach dem Aufenthalt in den Bääärgen hatten wir wieder mehr Gelegenheit, uns auszutauschen, und so hatte ich die Gelegenheit, mitzufiebern, als er eine für mich unvorstellbare Challenge anging: den Karwendelmarsch 2014. 52 Kilometer laufen, von Scharnitz bis nach Pertisau am Achensee mit über 2000 Höhenmetern. Die Vorbereitung hab ich ein wenig mitbekommen, dafür danach seinen Laufbericht wirklich bestaunt und – ohne Übertraibung – bewundert. Allein, dass man die Distanz in ca 6 Stunden schafft, aber dann noch mit den Höhenmetern, den Wetterbedingungen… das, und diese Erleichterung, diese Freude (v.a aber danach ;)) an der eigenen Leistung, das hat etwas Schlummerndes in mir wieder aufgeweckt. Das war der Funken, der gefehlt hat, um mich wieder, ich sag einmal salopp, zu reanimieren, wieder lebendig zu machen. Ich wollte wieder meinen Körper spüren! Ich wollte wieder Erfolge für mich haben, und wissen, wozu ich im Stande bin und ich wollte wieder an und über meine Grenzen gehen. Ich wollte MICH wieder spüren!

Die Bewältigung des Karwendels von Chris hatte einen ziemlichen Effekt auf mich… zudem hat er sich dazu bereit erklärt, mit mir den „Sie+Er“-Lauf im November zu laufen. Es war mir direkt unangenehm bis peinlich, dass ich, die schon seit Monaten nicht mehr gelaufen ist, mit ihm starten wollte, aber er freute sich hingegen schon (fast?) ein bisschen darauf. Voraussetzung für den Lauf sind ein Laufpärchen aus einem Männlein und einem Weiblein, die im Prater je 4 Kilometer hinter sich bringen sollten und dann abklatschen. Staffelmäßig eben.

Von Ende August bis November war noch ein bisschen Zeit, in der ich mich wieder an Bewegung gewöhnen konnte…

Wiedereinstiege können so bitter sein. Man weiß, was einem mal möglich war, vor langer, langer Zeit, aber das Muskelgedächtnis kann einem zwar bissle helfen, wieder reinzukommen, aber die harte Arbeit bleibt einem selbst. So auch mir. 2 Kilometer stellten anfangs eine riesige Herausforderung dar. Ich hatte keinerlei Kondition mehr, und wollte es zudem noch langsam angehen, um wirklich diesmal das ITB zu schonen. Ich begann, mich in Kräftigungs- und Dehnungsübungen für den Tractus iliotibialis einzulesen und diese auch relativ konsequent durchzuziehen. Außerdem hab ich meine Stabilitätsschuhpanzer (Brooks) gegen leichte Neutralschuhe mit wenig Sprengung ausgetauscht, was rein von meinem medizinischen Wissen mehr Sinn für mich macht. Die Saucony Kinvara 4 haben sich zusammen mit den Tractus-Übungen und meinem wirklich vorsichtigem Wiederbeginn als richtig herausgestellt.

Bis zum Sie+Er-Lauf ging alles bisschen schleppend und ich wusste, dass ich absolut nicht in Form bin. Ich war froh, wenn ich die 4 Kilometer in 30 Minuten abwickeln konnte… Ich war absolut kaputt nach dem Lauf und hatte 24 Minuten benötigt. Chris 14:50 Minuten. Ich war wieder baff, hab mich bissle geniert, aber meine Motivation war damit endgültig geweckt! Ich wollte für mich beim nächsten Mal besser sein und ich wollte Chris, meinem Sportbuddyvorbilddingens so komisch das klingt imponieren. Also los!

Seit November 2014 bin ich dann wirklich konsequent ans Werk gegangen, ohne spezifischen Trainingsplan allerdings und ohne jegliche Uhr, etc.. Ich wollte zu allererst meine Freude an der Bewegung wiederhaben, wollte die körperliche Arbeit wieder an sich genießen und das Gefühl physich ausgelastet zu sein. Langsam, ganz langsam hab ich meine Umfänge gesteigert, war wieder ganz die Beginnerin, die sich nicht traut in der Öffentlichkeit zu laufen, weil „was denken denn alle, wenn ich so rumschneck?“ und daher ganz früh aufstand, auch im Winter. Die Ceepak-Hörbuch-Reihe hat entscheident zu meiner Motivation und meinem Durchsetzungsvermögen beigetragen, wenn ich nach 3 Kilometern schon fix und foxi war, wenn ich nicht aus den federn wollte, weil alles so schleppend langsam ging, meine Muskeln und Luft nicht so wollte, wie ich…stetig ging es aber bergauf! Es kamen zu meinen ITB-Übungen noch Rumpfstabilisierungsübungen dazu, und noch ein paar andere, die die Haltung und Gelenke stützen sollten, und das tat und tut wahnsinnig gut!

Mittlweile bin ich an dem Punkt angekommen, an dem ich 15 Kilometer in 1:28h schaffe, und darauf bin ich stolz. Ich bleib mal hier auf dem Niveauplateau, hier ists auch schön, aber ich hab wieder Ziele, und wahnsinnige Freude am Laufen und weiss: Es geht! Es läuft! Es gehört wieder zu mir (bissle, um nichts zu verschreien)

Kein Lauf vergeht, an dem ich innerlich nicht meinen tiefsten Dank an Chris aussprech, der mich immer wieder motiviert hat und auch meine kleinsten Erfolge gelobt und angefeuert hat und – unwissentlich – so viel zu meinem Wiedereinstieg beigetragen hat.

Derzeit laboriert er seit Monaten an einer Periostitis (Knochenhautentzündung) und kann nicht laufen… und dabei leide ich dann schon mit ihm mit, weil ich auch weiss, wie es ist, wenn es echt nciht geht, man aber will. In der zeit versuche ich so gut wie es geht, seine Motivation und seinen „good will“, dass es wieder wird, zu erhalten..drückts mir die Daumen, dass es mir gelingt, er hat den Sport verdient!

danke, solltest du das lesen 🙂

P.S.: Noch ein paar Bildchen vom Altauseer See, weils so schön is. Sorry für meine grindigen Füße. Muss euch ja bissl quälen.

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Um die Einstiegsfrage im Titel zu beantworten:

Lebensqualität

11 Gedanken zu “Warum Wiedereinstieg..? War doch gemütlich auf der Couch…

  1. Gratuliere – das war die beste Entscheidung, die du treffen konntest – Wiedereinstieg lohnt sich immer, dazu noch DEN Motivator, kommt mir sehr bekannt vor, ich hatte zwar keinen Wiedereinstieg bin 36 Jahre lang konstant am Ball geblieben, aber den Motivator, den hatte ich auch in den Anfängen immer an meiner goldenen Seite. ER ist Schuld daran, dass ich so viele Jahre mit Freude am Ball geblieben bin, man kann ihre Hilfe nicht genug einschätzen – und das muss er unbedingt lesen !! 😎

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    1. Ja, ich setze ganz viel, auf meinen jetztigen Neubeginn, ich wills mir unbedingt erhalten. 36 Jahre, jedes Mal, wenn ich deinen Blog seh, dann bin ich voll der Bewunderung, dass du das Laufen wirklich zu einem Teil von dir gemacht hast!
      Manche Leute wissen nicht, was für einen Einfluss sie haben, so vielleicht auch der deinige Motivator?
      Meiner hats bereits gelesen,… ich denk, er hat sich gefreut 😀

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  2. Liebes Fräullein Bummelei,

    wenn sich einer mit Wiedereinstiegen auskennt, dann wohl ich. 🙂 Lebensqualität, das ist die richtige Antwort. Auch bei mir steigern sich manchmal die Gedanken mehr ins Negative aber in meinem Falle ist das gut so- ich mal mir die Welt ganz gern mal besonders schön und dann dürfen solche Gedanken auch mal zu Ende gedacht werden. Und das geht beim Laufen besser als beim restlichen Leben. 😉

    Danke, dass Du mich hast dran teilhaben lassen. Auf jeden Fall weckt es meine Motivation zu Stabi-Übungen.

    Gruß
    Anja

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    1. Stabi-Übungen empfehle ich wirlich…v.a wenn du dich eh schon mit Wiedereinstieg auskennst…Wie lang war denn deine Pause?
      Bei dir klingt das dann wirklich nicht schlecht, dass du gedanklich dann ein Gleichgewicht findest von Negativ:Positiv; bei mir wars leider dann allgemein recht duster… aber wenn dich Laufen auf die Erde zurückbringt is das praktisch 🙂
      LG

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